16.10.2024
Anlässlich der Woche der Seelischen Gesundheit haben wir mit Julia Diederich gesprochen, Stationsleiterin in der Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Sie erklärt uns, wie sich die Anzeichen einer psychischen Überlastung sowohl geistig als auch körperlich bemerkbar machen und zeigt Wege auf, die seelische Gesundheit am Arbeitsplatz zu erhalten. Zudem erläutert sie Lösungsstrategien, um Vorurteile gegenüber psychischen Erkrankungen abzubauen.
Welche Anzeichen deuten auf eine psychische Überlastung am Arbeitsplatz hin?
Anzeichen für eine psychische Überlastung können sich geistig, aber auch körperlich zeigen. Es ist ein schleichender Prozess und die Betroffenen merken zunächst nicht, dass sie psychisch und körperlich auf die psychische Überbelastung reagieren. Geistige Anzeichen können emotionale Erschöpfung, Reizbarkeit, Schlafstörung und Konzentrationsstörungen sein. Körperliche Anzeichen können Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Rückenschmerzen und Herzrasen sein. Eine längerfristige psychische Überlastung kann zu Burnout, Depressionen oder Angststörungen führen.
Wie kann man trotz Dauerstress und Personalmangel im Arbeitsalltag gesund bleiben?
Die eigene Resilienz spielt eine große Rolle, um mit Stress und Druck umgehen zu können. Es braucht einen gesunden Umgang mit seinen eigenen Emotionen, eine positive Grundhaltung und die Fähigkeit, sich an Veränderungen anzupassen. Die Resilienz kann durch Selbstfürsorge, ein soziales Netzwerk und zielorientiertes Handeln gestärkt werden. Jeder Mensch muss für sich eigene Schutzfaktoren finden, um mit Stress und Druck im Arbeitsalltag umgehen zu können, dazu gehören persönliche und soziale Ressourcen. Emotionale Stabilität, Selbstwirksamkeit, ein gutes Zeitmanagement, körperliche Aktivitäten, positive Denkmuster und Flexibilität sind Faktoren, die dabei helfen mit Stress umzugehen. Auch die Fähigkeit, sich eigene Grenzen zu setzen und Nein zu sagen, schützt vor einer Überforderung. Es ist außerdem wichtig, sich bewusst Auszeiten zu nehmen und im Arbeitsalltag eine gewisse Balance herzustellen. Regelmäßige Pausen, Bewegung, gesunde Ernährung und gezielte Entspannungstechniken können dabei helfen Stress abzubauen. Schließlich können eine klare Struktur und Priorisierung der Aufgaben Überlastungen vermeiden.
Wie kann man einer Stigmatisierung von psychischen Krankheiten entgegenwirken?
In erster Linie hilft es offen über dieses Thema zu
sprechen. Die Aufklärung und Sensibilisierung über psychische Erkrankungen kann
Missverständnisse und Vorurteile abbauen. Betroffene und Angestellte sollten
das Thema transparenter machen, auch Informationsveranstaltungen können dafür
genutzt werden. Je mehr psychisch Erkrankte über ihre Erkrankung sprechen
können, um so „normaler“ wird das Thema. Es sollten positive Beispiele
aufgezeigt werden von Menschen, die trotz ihrer Erkrankung erfolgreich am
gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Auch eine achtsame und wertfreie Sprache
über psychische Krankheiten beeinflusst das bestehende Bild. Weitere Faktoren
sind die Inklusion und soziale Integration von Menschen mit psychischen
Erkrankungen sowie die Schulung von Fachpersonal. Durch Selbsthilfegruppen und
Unterstützungsprogramme schaffen wir eine Unterstützung und fördern das
Empowerment der Betroffenen. Es braucht auf lange Sicht aber vor allem einen
langfristigen gesellschaftlichen Wandel.