06.10.2017
Die St. Josefs-Werkstätten in Plaidt feierten gemeinsam mit Vertretern aus Politik und Verwaltung, der Geistlichkeit, mit Partnern, Freunden und natürlich den Mitarbeitern das 20-jährige Jubiläum.
Die St. Josefs-Werkstätten in Plaidt
feierten gemeinsam mit Vertretern aus Politik und Verwaltung, der
Geistlichkeit, mit Partnern, Freunden und natürlich den Mitarbeitern das
20-jährige Jubiläum dieser Institution der Barmherzigen Brüder Saffig, die
bereits lange vor dem Aufkommen des
Begriffs Inklusion die Integration behinderter Menschen aktiv vorantrieb.
Während der Festveranstaltung
verzichteten die Organisatoren auf die üblichen Reden zum Jubiläum. Stattdessen
wurden Erinnerungen, Erfahrungen und Meinungen ausgetauscht. Günter Mosen,
ehemaliger Geschäftsführer der Barmherzigen Brüder Saffig, berichtete, dass die
Werkstätten für behinderte Menschen bereits 1975 gegründet wurden - seinerzeit
lief dieses Angebot im Rahmen der Arbeitstherapie der Klinik. 1987 dann wurde
der Antrag auf Anerkennung als Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM)
gestellt, der im Jahr darauf zunächst auf fünf Jahre befristet genehmigt wurde.
Denn "wir erfüllten noch nicht alle Voraussetzungen", so Mosen: Es musste ein
Neubau her.
Nach der Wiedervereinigung 1990 waren
die öffentlichen Gelder jedoch knapp, "unzählige Gespräche mit Zuwendungsgebern
nötig". Als es dann endlich losgehen konnte auf dem Gelände in Plaidt, war
Heinz Kruse als damaliger Werkstattleiter in seinem Element. Planen, bauen und
betreiben "war eine ganz tolle Aufgabe". Und bis heute sei der Gebäudekomplex
"mein Baby", erzählte er stolz. Jörg Hoffmann, Leiter der Landschaftspflege,
konnte sich als Gärtnermeister den Wunsch erfüllen, seinen Beruf mit sozialem
Engagement zu verbinden. Er war für die Gestaltung der Außenanlagen zuständig.
Respekt und vertrauensvoller Umgang
Die St. Josefs-Werkstätten Plaidt
gründen sich auf einer "Kultur des Respekts und des vertrauensvollen Umgangs",
so Werkstattleiter Gregor Nöthen während einer Podiumsdiskussion. Er
erläuterte, die Werkstätten legten ganz bewusst großen Wert auf eine Vielfalt der
Tätigkeiten. Auf diese Weise vergrößert sich die Chance, dass ein Beschäftigte
die Arbeit findet, die ihm die gewollte Selbstwirksamkeit bringt: Durch eine
sinnstiftende Arbeit, die man bewältigt, durch die Arbeit im Team, die
Erfahrung, wichtig für den Arbeitsprozess zu sein, erfahren psychisch erkrankte
Beschäftigte in den Werkstätten Aspekte zur Stabilität, erklärte er.
Dies bestätigte auch Thorsten Jechel,
Vorstandsmitglied in der Landesarbeitsgemeinschaft Werkstatträte. Jechel
betonte wie wichtig Werkstätten für die Inklusion seien. "Hier wird sehr viel
mehr für Menschen mit Behinderung geleistet als manch einer denkt", so Juchem,
der selbst Beschäftigter in einer Werkstatt im Kreis Mayen-Koblenz ist. "Für
mich und meine Kollegen ist die Werkstatt ein wichtiger Lebensinhalt. Hier kann
ich mich mit meinen Möglichkeiten einbringen."
Der Kreisbeigeordnete Rolf Schäfer
überbrachte Glückwünsche und Dank des Landrates für die hier geleistete Arbeit.
Die Plaidter Werkstatt habe eine besondere Stellung im Kreis, betonte Schäfer,
sei sie doch Mittel zur Erreichung eines "enorm hohen Rechtsguts", das die
UN-Behindertenrechtskonvention ins deutsche Gesetz brachte.
Wie gut die Arbeit in den Werkstätten
ist, bezeugte Dietmar Siemssen. Der Vorstandsvorsitzende der Stabilus S.A.
sowie Geschäftsführer der Stabilus GmbH berichtete, sein Unternehmen arbeitete
schon seit 1981 mit den Werkstätten zusammen, Die Qualität dieses Zulieferers
sei "absolut wettbewerbsfähig" und könne sich mit anderen messen.
Marco Dobrani, Vorsitzender der
Landesarbeitsgemeinschaft Werkstätten, ist der Überzeugung, das Werkstätten für
behinderte Menchen ein "wichtiger Teil der Inklusion" sind. Er hofft, dass
dieser Standard in Rheinland-Pfalz noch lange unterstützt und finanziert wird.
Albert Mandler, Fachbereichsleiter psychiatrische Dienste der BBT-Gruppe,
unterstrich, dass diese Einrichtungen nicht nur Schutzraum für die Beschäftigten
sind, sondern auch Perspektiven und Chancen zu Weiterentwicklung bieten.
Die behinderten Beschäftigten haben besondere
Arbeitsbedingungen. So sind sie unkündbar. Für die Werkstätten gilt, dass sie
sich die Beschäftigten nicht aussuchen, wie etwa ein Unternehmen der
Privatwirtschaft. Und das vielleicht wichtigste Kriterium, das für eine weitere
Perspektive sorgt: Nach 20 Jahren haben sie Anspruch auf eine
Erwerbsminderungsrente.
Förderung
und berufliche Entwicklung von Menschen mit Behinderung
Im
Zentrum des Auftrags der St. Josefs-Werkstätten Plaidt steht die Förderung und
berufliche Entwicklung von Menschen mit Behinderung. Rund 200 Beschäftigte
gehen hier ihrer Arbeit nach und erhalten zusätzlich die Möglichkeit, sich in
einem Berufsfeld zu entwickeln, und auch, von hier auf den ersten Arbeitsmarkt
zu wechseln. Dazu gibt es einen eigenen Berufsbildungsbereich, in dem gemeinsam
mit den Beschäftigten die individuellen Möglichkeiten ausgelotet werden. Daran
schließen sich gezielte, personenorientierte Förder- und Bildungsmaßnahmen an.
Im dreimonatigen Eignungsverfahren entscheidet der künftige Beschäftigte
gemeinsam mit den Mitarbeitern der Werkstätten, wo er arbeiten wird.
Während
einer zweijährigen fachlichen Bildung, probieren sich die Behinderten in den
unterschiedlichsten Arbeitsfeldern aus, eignen sich praktisches und
theoretisches Wissen an. Schließlich wird geprüft, ob es weiterführende
Möglichkeiten der Ausbildung außerhalb der Werkstätten gibt. Als zweite Säule
neben der Teilhabe an Arbeit steht die Förderung der Persönlichkeit im
Vordergrund. Eine Vielzahl von Angeboten ermöglicht den Zuwachs an sozialen und
lebenspraktischen Fähigkeiten. Bei allen Entscheidungen in den St.
Josefs-Werkstätten ist der Beschäftigte zu allererst beteiligt.
Unterstützung
wird auf vielen Feldern geboten: Neben der beruflichen Bildung steht ein Team
bereit, das die Beschäftigten in sozialpädagogischen Fragen kompetent begleitet
und dabei hilft, eine individuelle Perspektive zu erarbeiten. Die Angebote des
psychologischen Dienstes unterstützen im Umgang mit der Beeinträchtigung, um
trotz Erkrankung ein hohes Maß an Lebensqualität, Entscheidungs- und
Gestaltungsmöglichkeiten sowie Selbstständigkeit zu erlangen.